Familie und Vereinbarkeit
Im Zusammenhang mit den steigenden Frauenerwerbsquoten prägt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf seit einigen Jahren die familienpolitischen Debatten in Deutschland und Europa. Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat zwei Stoßrichtungen: mehr Zeit für den Beruf und mehr Zeit für die Familie. Letzteres meint vor allem mehr Zeit für die Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen. Richtete sich Vereinbarkeitspolitik lange vor allem an Mütter, adressiert sie nun zunehmend auch Väter und pflegende Angehörige. Mehr Vereinbarkeit kann einerseits durch mehr Zeit für den Beruf erreicht werden. Hier spielt der Ausbau der Infrastruktur – beispielsweise der öffentlichen Kinderbetreuung – eine zentrale Rolle. Mehr Zeit für die Familie ermöglichen Elternzeiten und Pflegezeiten. Letztere thematisiert die Europäische Kommission aktuell in ihrem Vereinbarkeitspaket, mit dem sie einen neuen Impuls auf der europäischen Ebene setzt.
Europäische Fachgespräche zur Vereinbarkeitspolitik
Die Europäische Kommission veröffentlichte im April 2017 das sogenannte Vereinbarkeitspaket. Es enthält neben einigen nichtlegislativen Maßnahmen, die unter anderem auf den Bereich der Kinderbetreuung zielen, insbesondere einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige. Mit dem Paket gab die Europäische Kommission einen wichtigen Impuls zu europaweiten Standards in der Vereinbarkeitspolitik.
Die Beobachtungsstelle hat das Vereinbarkeitspaket zum Anlass genommen und gemeinsam mit dem BMFSFJ 2017-2018 eine Reihe Europäischer Fachgespräche zur Vereinbarkeitspolitik organisiert. Im Rahmen der zweitägigen Veranstaltungen diskutierten Expertinnen und Experten aus einer Vielzahl europäischer Länder unterschiedliche Aspekte von Vereinbarkeitspolitik mit dem Ziel, den europaweiten Austausch von Ideen und Good-Practice-Beispielen zu fördern.
Die Dokumentationen der Fachgespräche finden Sie weiter unten bei den dazugehörigen Themenbereichen.
Gleichstellungspolitische Ziele und Anforderungen an Vereinbarkeitspolitik
In der Debatte um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf lautet die implizite Annahme häufig, was die Vereinbarkeit fördere, diene auch der Geschlechtergerechtigkeit. Diese Annahme gilt es in dieser Pauschalität zu hinterfragen. Beispielsweise ermöglichen lange und unbezahlte Freistellungsmöglichkeiten zwar mehr Zeit für die Familie. Aufgrund bestehender Lohnunterschiede sowie gesellschaftlicher Normen und Wertvorstellungen sind es jedoch überwiegend Frauen, die von diesen Instrumenten Gebrauch machen. Die Folge sind lange Erwerbsunterbrechungen, geringe berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und eine Lohn- und Rentenlücke. Es kommt daher auf die konkrete Ausgestaltung von vereinbarkeitspolitischen Instrumenten an. Sie sind entscheidend dafür, wie Vereinbarkeitspolitik auf die Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit und die Geschlechtergleichstellung wirken. Welche Ziele und Anforderungen Vereinbarkeitspolitik deswegen aus gleichstellungspolitischer Perspektive erfüllen sollte, zeigt die Arbeit der Beobachtungsstelle.Beteiligung von Vätern an Familienarbeit
Väter wollen und sollen sich mehr an Familienarbeit beteiligen. Auch das Vereinbarkeitspaket der Europäischen Kommission hat zum Ziel, die Beteiligung von Vätern an Familienarbeit zu fördern. In den europäischen Staaten bestehen vielfältige Politikansätze, um dies zu unterstützen: Vätermonate mit Lohnersatzleistung, Flexibilität bei der Inanspruchnahme und Vaterschaftsfreistellung rund um die Geburt. Wie diese ausgestaltet werden können und welche Wirkung sie entfalten, zeigt die Arbeit der Beobachtungsstelle.
Kindertagesbetreuung
Kindertagesbetreuung ist ein Schlüsselfaktor dafür, dass Eltern sowohl an Erwerbstätigkeit als auch an Familienarbeit teilhaben können. Eine gute Betreuungsinfrastruktur und das Vertrauen in die Einrichtungen sind dabei von besonderer Bedeutung dafür, dass Eltern das Spannungsverhältnis von Erwerbs- und Sorgearbeit auflösen können. Gleichzeitig spielt frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung eine wichtige Rolle für die frühe Entwicklung von Kindern. Die Arbeiten der Beobachtungsstelle zeigen, wie europäische Staaten und aktuelle Initiativen auf EU-Ebene den Zugang zu qualitativ hochwertiger Kindertagesbetreuung für alle Kinder erreichen wollen.Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Immer mehr Menschen sind berufstätig und kümmern sich gleichzeitig um pflegebedürftige Angehörige. Doch wie unterstützt Politik die Menschen dabei, diese Doppelbelastung unter einen Hut zu bekommen? Die Beobachtungsstelle geht dieser Frage in ihren umfangreichen Veröffentlichungen zu diesem Thema nach. Auch ein Fachgespräch beschäftigte sich mit der Problematik. Der Fokus liegt dabei auf Freistellungen zur familiären Pflege und finanziellen Leistungen.

Pflegende Angehörige
80 Prozent der Pflege wird in Europa von informell Pflegenden erbracht. Dabei sind pflegende Angehörige auf Informationen und Beratung rund um die Pflege angewiesen und sollten sich über ihre Rechte informieren können. Beratung und Unterstützung anzunehmen, kann darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur eigenen Gesundheit leisten und vor Überlastung schützen. Dass auch Kinder und Jugendliche eine bedeutsame Rolle in der Versorgung und Pflege von Angehörigen spielen und ebenfalls auf Unterstützung angewiesen sind, zeigt die Kurzexpertise „Pflegende Kinder und Jugendliche, Unterstützungsmaßnahmen in Österreich, dem Vereinigten Königreich und Irland“.
Urlaubsregelungen für Familien
Welche Angebote gibt es für Familien, deren Einkommen nicht für einen Urlaub reicht? Einige europäische Länder bieten dafür staatliche Unterstützung – in Form von monetären Leistungen, Gutscheinen oder durch eine entsprechende Infrastruktur. Die Beobachtungsstelle gibt einen Überblick über solche Regelungen in verschiedenen europäischen Ländern.